Ausgangslage
1 AUSGANGSLAGE
1.1 Anlass / Überblick
Zahlreiche Einwirkungen und Nutzungen prägen die Kulturlandschaft in der wir leben. Allen Anliegen und Bedürfnissen angemessen gerecht zu werden erfordert eine wohl abgewogene Koordination der zur Verfügung stehenden Ressourcen, der bestehenden Werte und Nutzungen sowie der Entwicklungsabsichten.
Mit RRB Nr. 718 vom 24. Juni 2008 hat der Regierungsrat die Ergänzungen und Anpassungen des Richtplanes Region Rigi-Mythen (RR-M) gutgeheissen und verabschiedet. Darin wird dem Anliegen Ausdruck gegeben, eine intakte und unverwechselbare Kulturlandschaft, die wesentlich zur Wohn- und Lebensqualität beiträgt, zu erhalten und zu fördern (vgl. auch RRB Nr. 1085 / 2004 Strategiekonzept Wirtschaft und Wohnen).
Im Rahmen der beabsichtigten Nutzungsplanung über das Gebiet Lauerzersee / Sägel / Schutt werden viele Fragen zur Entwicklung des Gebietes aktuell, die nicht direkt in der Nutzungsplanung beantwortet werden können.
Ziel und Zweck des Entwicklungskonzeptes Lauerzersee (EKL) sind die Erhaltung und Aufwertung der naturnahen Lebensräume, die Entflechtung der kontroversen Schutz- und Nutzungsinteressen sowie die Förderung des Potenzials dieser Kulturlandschaft in Verbindung mit den touristischen Angeboten. Das vorliegende Konzept enthält eine Bestandesaufnahme und Analyse der vorhandenen Planungen und Studien und listet erste Handlungsempfehlungen auf. Das EKL dient somit als Vorstufe zur Nutzungsplanung (geplanter Start im Herbst 2010), mit der zusätzliche Planungs- und Vollzugsmassnahmen koordiniert werden können und sollen.
1.2 Lage und Situation
Der Perimeter für das EKL erstreckt sich über Teile der Gemeindegebiete von Arth, Lauerz, Schwyz und Steinen und orientiert sich grundsätzlich am Perimeter des BLN-Gebietes Nr. 1604 „Lauerzersee“. Abweichend vom BLN-Perimeter verläuft der Perimeter des EKL im Bereich des Siedlungsgebietes von Lauerz entlang der Bauzonengrenze und entlang der Autobahn A4 wird er konsequent südlich gehalten.
Das Projektgebiet erstreckt sich über eine Fläche von rund 7.3 km2 und umfasst geographisch die weitläufige, offene Riedlandschaften Sägel, das topographisch stark bewegte, mit zahlreichen Felsen durchsetzte, mehrheitlich bewaldete Gebiet Schutt und den Lauerzersee mit den vorgelagerten Gebieten Auw, Widen und Schornen und dem Delta der Steiner Aa. Der Lauerzersee liegt eingebettet zwischen Rossberg und Rigi-Nordflanke. Im Süden begrenzen die Gotthardstrasse, die Seestrasse und die Lauerzerstrasse das Projektgebiet, im Norden ist es die Autobahn A4. Im Westen bilden die Kuppe des Goldauer Bergsturzes – die Bernerhöchi – mit der Schnittstelle Gotthardstrasse / A4 (Anschluss Goldau, Lauerz) und im Osten der Ausläufer des Urmiberges mit der Schnittstelle Lauerzerstrasse / A4 (Anschluss Seewen, Schwyz) die Grenzen des Projektgebietes.
Im Rahmen des Entwicklungskonzeptes werden Themen aus den Bereichen Siedlung, Verkehr, Gewässer, Land- und Forstwirtschaft, Natur und Landschaft sowie Freizeit und Erholung behandelt.
1.3 Bundesinventare
Die schweizweit einzigartige Kulturlandschaft Lauerzersee / Sägel / Schutt verdankt ihren Ursprung neben den lehmigen, wasserundurchlässigen Böden, die der Muota-Reuss Gletscher nach seinem Rückzug aus dem Gebiet hinterliess, in allererster Linie der Bergsturz-Katastrophe von 1806. Die Anerkennung als BLN-Gebiet und Moorlandschaft von nationaler Bedeutung geht auf diese speziellen geologischen Ausprägungen zurück. Der ausserordentliche Wert und Reichtum an floristischem und faunistischem Leben im Projektgebiet wird mit der Aufnahme in die Bundesinventare der Flachmoore und der Amphibienlaichgebiete bestätigt.
Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung: BLN-Gebiet Nr. 1604 Lauerzersee
Das BLN hebt den sehr hohen landschaftlichen Wert der urtümlichen Bergsturzlandschaft, der Flachmoorgebiete sowie der Seeufer- und Streuegebiete mit ihrer reichhaltigen Fauna und Flora und deren grossen Bedeutung als Brutbiotope sowie die historische Bedeutung des Gebietes hervor. Angrenzend befinden sich die beiden BLN-Gebiete 1606 „Vierwaldstättersee mit Kernwald, Bürgenstock und Rigi“ und 1607 „Bergsturzgebiet von Goldau“.
Bundesinventar der Moorlandschaften von besonderer Schönheit und nationaler Bedeutung: Gebiet Nr. 235 Sägel / Lauerzersee
Das Bundesinventar der Moorlandschaften betont die in dieser Ausdehnung und mit ihrer speziellen Charakteristik schweizweite Einzigartigkeit der Moorlandschaft Sägel / Lauerzersee. Sie besteht im wesentlichen aus der stark kupierten, kleinräumigen mit zahlreichen Mooren, kleinen Tümpeln und Weihern durchsetzten Bergsturzlandschaft, dem weitläufigen Ried- und Flachmoorgebiet im Sägel, der eigentlichen See- und Seeuferlandschaft sowie der Auenlandschaft im Aazopf, die auf dem grossen, flachen Delta entstand, das die Steiner Aa in den See aufgeschüttet hat.
Bundesinventar der Flachmoore von nationaler Bedeutung: Objekte Nr.: 3024 Sägel; 3023 Widen; 3021 Auw; 3020 Schornen
Vier Flachmoore von nationaler Bedeutung sind Teil des Projektgebietes. Gemäss Schutzverordnung Lauerzersee-Sägel-Schutt sind sie ungeschmälert zu erhalten und gestörte Moorbereiche sind zu regenerieren. Im Weiteren sind die Erhaltung und Förderung der standortheimischen Pflanzen- und Tierwelt, ihrer ökologischen Grundlagen und der geomorphologischen Eigenart erklärtes Ziel der Schutzverordnung.
Bundesinventar der Amphibienlaichgebiet von nationaler Bedeutung: Objekte Nr.: SZ 68 Sägel, Schutt, Lauerzersee und SZ 138 Aazopf
Für das Amphibienlaichgebiet von nationaler Bedeutung SZ 68, das sich über weite Teile im Sägel / Schutt erstreckt, sind kleine und mittlere Populationen von Kamm- und Teichmolch sowie der Gelbbauchunke (alle gemäss Roter Liste (RL): stark gefährdet), grosse Bestände verschiedener Wasserfroscharten (RL: verletzlich), mittlere und grosse Bestände an Fadenmolch und Erdkröte (RL: potenziell gefährdet), sowie grosse Bestände von Bergmolch und Grasfrosch verzeichnet.
Für das Amphibienlaichgebiet von nationaler Bedeutung SZ 138, das sich über den Aazopf und die Flachmoore westlich und östlich davon erstreckt, sind mittlere Populationen von Gras- und Wasserfrosch sowie eine grosse Population der Gelbbauchunke gemeldet.
Die Stiftung Lauerzersee hat mit dem Projekt „Wiederansiedlung des Laubfrosches am Lauerzersee“ das Ziel gesetzt, Mindestpopulationsgrössen des Laubfrosches zu erreichen, welche langfristig den Bestand und die genetische Variabilität sicherstellen. Im Jahr 2007 wurden insgesamt 150 junge Laubfrösche im Gebiet Aazopf und im Sägel angesiedelt. Die Larven stammen von einem Gartenbestand in Affoltern am Albis und wurden im Tierpark Goldau bis zur Aussiedelung nach der Metamorphose aufgezogen. Das Projekt ist auf 6-10 Jahre angelegt und wird durch regelmässiges Monitoring und Erfolgskontrollen begleitet.
1.4 Kantonale Rahmenbedingungen Richtplan Region Rigi-Mythen (RR-M)
Im Richtplan Region Rigi-Mythen werden in mehreren Objektblättern Grundsätze, Massnahmenund Verbesserungsvorschläge festgelegt, die für das EK Lauerzersee von Bedeutung sind:
RR-M-7.1 Landschaftsentwicklungskonzept
- Erhalten und Aufwerten der naturnahen Lebensräume
- Konkretisierung der Schutzziele und Bereinigung der BLN-Perimeter
RR-M-6.8 Verkehrskonzept Sägelstrasse
- Erarbeitung eines Betriebskonzeptes für die Sägelstrasse
- Abstimmung der zukünftigen Besucherlenkung im Naturschutzgebiet Lauerzersee / Sägel /Schutt
RR-M-6.7 Langsamverkehr
- Ein Ringschluss der touristisch attraktiven Routen um den Lauerzersee (inkl. Anbindung an Goldau)
RR-M-6.1 Autobahnanschluss A4 Seewen / Schwyz
- Fussgängerführung und Fahrradverkehr von und zum Naherholungsgebiet Lauerzerseegetrennt vom neu zu gestaltenden Knotenbauwerk ausbauen
Naturschutzgebiet Lauerzersee-Sägel-Schutt
Mit der Verordnung zum Schutze der Gebiete Sägel und Schutt sowie des Lauerzersees hat der Regierungsrat des Kantons Schwyz am 16. Dezember 1986 besagtes Gebiet unter Schutz gestellt. Der zugehörige Schutz- und Pflegeplan unterteilt das Gebiet in Naturschutzzonen, Rückführungsflächen, Umgebungszonen, Waldschutzzonen, Pufferzonen und Wasserzonen. Die bestehende kantonale Schutzverordnung genügt auf Grund der jüngeren, übergeordneten eidgenössischen Verordnungen über den Schutz der Flachmoore und der Moorlandschaften den aktuellen Anforderungen nicht mehr und soll im Rahmen einer Nutzungsplanung angepasst und aktualisiert werden.
1.5 Weitere gebietsspezifische Projekte und Auszeichnungen
Die Berner Konvention ist ein amtliches Übereinkommen der Mitgliedstaaten des Europarates über die Erhaltung und den Schutz der europäischen, wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume, das im Jahr 1979 in Bern abgeschlossen wurde.
Daraus gingen Erhebungen (2003) der Vogel-, Säugetier-, Amphibien-, Fisch-, Reptilien- und Wirbellosen-Populationen sowie der Florabestände im Gebiet Lauerzersee hervor, die auf die hohe Bedeutung dieses Gebietes hinweisen.
REN – Projekt (Nationales ökologisches Netzwerk)
Im REN – Projekt (Nationales ökologisches Netzwerk) werden über die landwirtschaftliche Nutzfläche (LN) im Projektgebiet folgende Aussagen gemacht:
- Diverse Kerngebiete ‚Lebensraum Feuchtgebiet’ (Sägel / Schutt, Riedhütte, Windegg)
- Kontinuum ‚Lebensraum Feuchtgebiet’ (Sägel / Schutt)
- Korridor (Westlich von Lauerz)
Smaragd-Gebiet Lauerzersee
Der Smaragd-Preis des WWF wurde im Jahre 2003 der ‚Stiftung Lauerzersee’ verliehen. Die Auszeichnung des Gebietes zwischen dem Lauerzersee und Goldau beinhaltet folgende Aussagen:
- Gut erhaltene Schwimmblattgesellschaft, die in diesem Ausmass in der Schweiz ihresgleichen sucht
- Auftreten mehrere montaner bis subalpiner floristischer Besonderheiten sowie 24 Orchideenarten
- Besonders wertvolles Schutzgebiet für die Vogel- und Insektenwelt
Die Anmeldung des Gebietes beim Europarat zur Aufnahme in das europäische Smaragdnetzwerk schützenswerter Landschaften wurde von den gebietsanteilig stark betroffenen Gemeinden und vom Regierungsrat des Kantons Schwyz abgelehnt. Als Hauptgrund dafür wurde unter anderem der bereits heute ausreichend bestehende Schutz dieses Gebietes genannt.