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Erneutes Nein zur Deponie


Geländemulde BernerhöheDie Geländemulde unterhalb der Bernerhöhe.Bild: Jürg Auf der Maur

Die Eidgenössische Natur- und Heimatschutzkommission lehnt auch ein abgespecktes Projekt für eine Deponie im Gebiet unterhalb der Bernerhöhe Richtung Lauerz ab.

Der Goldauer Bauernsohn Erwin Hammer strahlt: «Seit 14 Jahren kämpfe ich dafür, dass das schöne Gebiet unterhalb der Bernerhöhe Richtung Lauerz nicht zum Standort einer Deponie wird.» Jetzt ist er seinem Ziel einen weiteren grossen Schritt näher gekommen.


Die Eidgenössische Natur- und Heimatschutzkommission (ENHK) hat sich in einem Gutachten erneut und deutlich gegen ein Deponievorhaben ausgesprochen. Dieses Mal ging es um die Beurteilung einer «abgespeckten» Version. Bereits 2014 kam die ENHK zum Schluss, dass das damals durch die Firma Schelbert AG, Muotathal, vorgelegte Projekt eine «schwerwiegende Beeinträchtigung» sei.


Die betroffene Geländemulde gehört als Objekt im Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler (BLN) zu den schützenswerten Landschaften und umfasst als Ausläufer und Zeuge des Goldauer Bergsturzes neben Gehölz und Felsblöcken etwa auch ein kleinflächiges Moor.



Schelbert AG hält an Deponieplänen auf der Bernerhöhe fest


Gehören damit die Deponiepläne auf der Bernerhöhe der Vergangenheit an? Erwin Hammer hofft das nicht zuletzt für die 2500 Personen, die vor Jahren eine von ihm lancierte Petition unterschrieben haben. «Mir geht es um die einmalig schöne Landschaft und die Natur als Ganzes», so Hammer. Er sei eigentlich schon nach dem Nein von 2014 davon ausgegangen, dass der Kampf nun vorbei sei.

Hammers Kampf ist aber wohl weiterhin nicht ausgestanden. «Unsere Absicht ist nach wie vor, die Deponie in reduziertem Ausmass zu realisieren», erklärt Georges Schelbert sen. auf Anfrage des «Boten der Urschweiz». Immerhin liege eine rechtskräftige Zone für Materialgewinnung und Ablagerung vor, welche die Arther Stimmbürger genehmigt hätten und der Regierungsrat in Kraft gesetzt habe. Das ENHK-Gutachten sei eine Stellungnahme, die in der Umsetzung des Projektes so weit wie möglich berücksichtigt werde. «Unseres Erachtens sind nun die Behörden gefordert, aufzuzeigen, wie dieser Rechtserlass – nämlich das Recht auf Errichtung und Betrieb einer Deponie – umgesetzt werden kann.» (adm)



ENHK-Gutachten lehnt auch reduziertes Projekt ab


Nach dem Nein 2014 durch die ENHK legte die Schelbert AG 2019 ein reduziertes Projekt vor. Das Deponievolumen wurde von rund 280000 Kubikmetern auf 134000 verkleinert. Der Abbauperimeter wurde so reduziert, dass die bestehende Geländemulde zwar verkleinert, aber nicht mehr vollständig überschüttet worden wäre. Die maximale Schutthöhe wäre noch auf 12 und nicht mehr auf 25 Meter zu stehen gekommen. Die grossen Steinblöcke wären vollständig erhalten geblieben, die kleineren wären entnommen, zwischengelagert und anschliessend wieder platziert worden.


Die Kommission bleibt aber bei ihrem Nein: «Sie stellt fest, dass das Projekt auch mit einem reduzierten Volumen weiterhin zu einer markanten Veränderung der ursprünglichen Topografie und zu Zerstörung von grossen Teilen des Felssturzreliefs führt», heisst es im Gutachten.


Auch wenn die grössten Blöcke an ihrem Standort erhalten werden, so die von Präsidentin Heidi Z’graggen unterschriebene Expertise, «würden sie doch ihre authentische Zeugenfunktion des Bergsturzereignisses verlieren». Die kleineren Felsblöcke würden zudem durch die geplante temporäre Entfernung und Wiedereinsetzung an einem neuen Standort ihre natürliche Einbettung verlieren.


Insgesamt kommt die Kommission zum Schluss, «dass auch das reduzierte Projekt einer Deponie für unverschmutzten Aushub am Standort Buosigen-Bernerhöchi zu einer schweren Beeinträchtigung im Hinblick auf die Schutzziele des BLN-Objektes führt», so die Urner CVP-Ständerätin.


Jürg Auf der Maur,
Bote der Urschweiz, 21. April 2020
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In Goldau wachsen Bohnen am Kirschbaum


Die geernteten Bohnen legt Erwin Hammer in den Kratten, in den früher die Früchte des Kirschbaums kamen. Bild: Lea Langenegger Die geernteten Bohnen legt Erwin Hammer in den Kratten, in den früher die Früchte des Kirschbaums kamen. Bild: Lea Langenegger

Erwin Hammer hat eine uralte Bohnensorte gepflanzt.


Erwin Hammer bewirtschaftet in seinem Zuhause auf der Bernerhöhe einen riesigen Garten. Neben Kürbissen, Gurken, Kohlrabi und Tomaten sind auch verschiedene Kräuter zu finden. Nun erfreut er sich an einer neuen Pflanze. Entlang des Stamms eines Kirschbaums wächst eine uralte Bohnenart. Erwin Hammer hat die Äste mehrheitlich abgesägt. Die Bohnen ranken sich den ganzen Baum empor und wachsen über die Baumkrone wieder in Richtung Boden.


Die Samen hat er von einem Freund bekommen. «Als er mir sagte, dass die Pflanze so hoch werde, habe ich gedacht, der erzählt mir Quatsch», sagt Hammer. Wie die Sorte heisst, weiss der 68-Jährige nicht. «Ich nenne sie einfach Bernerhöchi-Bohnen.»


«Die Natur ist mein Fernseher»


Den Korb, den Erwin Hammer ursprünglich brauchte, um die Kirschen zu pflücken, nutzt er nun für die Bohnen. Die wachsen wie verrückt. «Einige nehme ich selber, aber den Rest möchte ich verschenken.»


Erwin Hammer tüftelt gerne und probiert in seinem Garten immer wieder Neues aus. Deshalb hat er auch die Bohnen gepflanzt. Gleichzeitig kann er so die Artenvielfalt fördern. Hammer freut sich, wenn er Tieren und Pflanzen in seinem Garten einen Platz geben kann. Die Natur soll leben, findet er. «Ich brauche auch gar keinen Fernseher. Die Natur ist mein Fernseher», schwärmt er. Sein nächstes Projekt ist die Förderung der Zauneidechsen.


Bote der Urschweiz
17. September 2019
LEA LANGENEGGER

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Wer beobachtet,wird vieles besser verstehen

Gedanken von der Bernerhöhe

Seit vielen Jahren ist das Haus ennet der Bernerhöhe das Zuhause von Erwin Hammer. Von dieser herrlichen Warte aus schweift sein Blick tagtäglich von den Rigihängen über den Urmiberg und die beiden Mythen bis hin zum Gnipen, von wo sich vor gut 200 Jahren der verheerende Bergsturz gelöst hat. Er verfolgt zwar weniger den Verkehr auf der Landstrasse, dafür viel eher das, was den Weg im rechten Winkel über die Strasse nimmt: das Wild! Durch diese landschaftliche Idylle verläuft nämlich für Reh, Fuchs, Wildschwein, Feldhase, Marder, Dachs und Rothirsch der Weg vom Schwyzer Becken auf die Rigiseite: der Wildtierkorridor.


Rehbock und Nagelflue

Wildtierbrücke über die Autobahn

Im Moment wird der durch die Autobahn Goldau-Steinen unterbrochene nationale Wildtierkorridor SZ 5 saniert. Dazu gehört der Bau einer Wildbrücke im Bereich der Röthen, die nächstens vom Bund (Astra) für 10 Millionen Franken in Angriff genommen wird; der Kanton seinerseits erstellt die erforderlichen Leitstrukturen. Beides, Brücke wie Leitstrukturen, wird in Zukunft den wandernden Säugetieren den sicheren Weg von den Muotathaler Bergen in die Rigiwälder weisen. Ein aufwendiges Projekt, das aber einem nachhaltigen Schutz der belebten Natur zugutekommen soll! Darauf darf sich die Tierwelt und dürfen auch wir uns freuen – wenn da nicht noch eine grosse Unbekannte lauern würde… Führt der Wildtierkorridor in eine Sackgasse?

Noch ist nämlich keineswegs sicher, dass die Wildtiere über den erneuerten Korridor nicht direkt in eine Deponie hineinlaufen! Das Gebiet an der Bernerhöhe ist nämlich in der kantonalen Richtplananpassung 2018 noch immer als möglicher Deponiestandort eingetragen – wenn auch vorerst nur als sogenanntes «Zwischenergebnis» – das heisst, dass noch keine sichere Zustimmung gegeben werden kann. Das Baureglement der Gemeinde Arth hält aber bereits fest, was alles auf diesem Deponiegelände erlaubt sein wird: Ablagerungen von Strassen und Hochbauten, von Tunnel- und Kavernenbauten, Brechen, Sortieren sowie Aufbereiten von solchen Materialien, Erstellung der dazu nötigen Bauten und Anlagen. Ja, da dürfen sich alle selber ein Bild machen. Die Campingbenützer werden sich wohl aus dem Staub machen.


SchicksalderWildtiere?

Und die Tiere? – Die sollen einen anderen Weg suchen! Die sichernden Trittsteine am Rande der Strasse, die Lebensraum- und Ruhestrukturen sind weg. Für das Wild wirds gefährlich. Zudem ist diese Geländekammer auch der Wohnraum von zahlreichen Kleintieren, Fröschen, Zauneidechsen, Igeln; verschiedenste Vogelarten sind hier zu beobachten, und in der Moorlandschaft liegt ein besonders schützenswertes Amphibien-Laichgebiet. Diesem anderen Teil der Tierwelt bleibt dann – im besten Fall – nur noch die Emigration. Wohin?


Die vor zehnJahrenvon ErwinHammer gestartete Rettungsaktion der Bernerhöhe ist also noch nicht abgeschlossen – ja, sie wird jetzt wieder brandaktuell. Damals unterzeichneten mehr als 2500 Naturfreunde und -freundinnen aus nah und fern seine Unterschriftenbogen.


Mit Unterstützung der Bevölkerung sollte das Gebiet jenseits der Bernerhöhe gegen Lauerz hin als einzigartige Naturlandschaft erhalten und vor einer Überschwemmung mit (vorerst!) 299 000 Kubikmeter Deponieabfall gerettet werden. Zwar konnten bisher nur Teilziele erreicht werden – zum Beispiel das Gutachten der Eidgenössische Natur- und Heimatschutzkommission. Der Vertrauenserweis vom Jahr 2009 aber schenkt dem unermüdlichen Erwin Hammer heute noch Kraft, auch weiterhin für den Schutz der Perle Bernerhöhe (www.perle-bernerhoehe.ch) zu kämpfen. Und vielleicht darf diese Naturlandschaft wiederum breite Unterstützung erhalten. Was ennet der Bernerhöhe vor sich geht, ist bestimmt nicht gleichgültig!


Indessen lässt sich unsere prächtige Landschaft, auchdas kleine Idyll auf der Bernerhöhe, noch weiterhin und vielleicht noch intensiver geniessen – im Bewusstsein, dass die Natur ein unverzichtbarer Teil unserer Lebenswelt blei- ben muss.


Walter Eigel,
Rigi-Post, 23. Mai 2019

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Die Bernerhöhe im Kanton Schwyz ist ein kleines Stück Naturgeschichte. Dass sie heute noch vom Bergsturz vor 200 Jahren zeugt, ist Erwin Hammer zu verdanken. EIN PORTRÄT VON MATTHIAS GRÄUB (TEXT) UND ADRIAN BAER (BILDER).
 
 

Der Perlenretter

Erwin Hammer geht voran über die wilde Weide. Das Gras ist hoch, der Boden abschüssig und gespickt mit Steinen, die an den Felssturz von 1806 erinnern. «Da, Sommervögel.» Hammer zeigt auf einen wuchernden Blumenbüschel, um den zwei weisse Schmetterlinge gaukeln. Fast kindlich erscheint die Freude im Gesicht des 67-Jährigen beim Anblick seiner «Perle», der Bernerhöhe zwischen Goldau und dem Lauerzersee im Kanton Schwyz.

 

Hammer zeigt nach unten, auf den kleinen, schilfbewachsenen Tümpel. «Alles weg», sagter immer wieder. All das wäre weg ohne ihn. Auf der Bernerhöhe war eine Deponie geplant, vor über zehn Jahren war das. Ohne seinen Einspruch, ohne seinen Kampf wäre die Landschaft heute so topfeben wie die Nachbarfelder, würde kein Klotz mehr hier herumliegen, um des Felssturzes zu gedenken, der damals die ganze Gegend verwüstet hatte. «Allesweg.» Hammer schüttelt den Kopf. «Da konnte ich nicht einfach zuschauen.»

 

Das Wäldchen war entscheidend

Ganz oben steht ein Wäldchen. Eigentlicheher ein Baumgrüppchen, aber offiziell doch als Wald deklariert. Und dieser Wald war es, der die Bernerhöhe letztlich rettete. Im Bauvorhaben stand nämlich nichts von diesem Wald, der – «einfach weg» – gerodet worden wäre, um der Deponie Platz zu machen. Dagegen erhob Hammer Einspruch. Erst ganz allein, später sammelte er Geld und rund 2500 Unterschriften gegen das Bauvorhaben. Blieb hartnäckig. Viele Jahre lang. «Die dachten, der Hammer hört dann schon auf», sagter heute. Stolz, nicht bitter. Denn der Hammer, der hörte nicht auf. Verklagte den ganzen Gemeinderat, um Zeit zu gewinnen. Pochte auf sein Recht, dass der Wald nicht gerodet werden dürfe. Und bekam es. Es wird keine Deponie auf der Bernerhöhe geben. Im Wäldchen oben steht der grösste Felsblock, ein Zehn-Meter-Trumm. Darauf wächst Moos, Efeu, sogar ein Baum hat es geschafft, irgendwie seine Wurzeln auf ihm zu schlagen. Und auf den Riesenklotz ist – wie auch immer– ein zweiter, kleinerer Felsblock zu liegen gekommen, in einer zweihundertjährigen, aber fragilen Balance.

 

«Immer, wenn ich Gefühlsschwankungen habe, denke ich an das Rotkehlchen.»

  Beinahe winzig wirkt Erwin Hammer inmitten der Bernerhöhe, seiner «Perle», die er im Alleingang vor der Zerstörung rettete.  

Hier oben ist Hammers Lieblingsplatz. «Jetzt darf ich ernten», sagt er, und meint das im übertragenen Sinn: Jetzt kann er seine Perle geniessen. Hoch oben steht er, in Khakishorts und Karohemd, schaut durch das lichte Geäst nach oben, von wo die Sonne seinen dünnen, fast weissen Haarschopf durchsichtig färbt. Winzig wirkt er jetzt auf dem Trumm, und doch ist ihm anzusehen, dass er «erntet».

 

Erwin Hammer trägt sein Herz auf der Zunge. Er redet viel, offenbart nach und nach, wie er es sich zu seiner Mission gemacht hat, die Bernerhöhe vor einer Verbauung zu bewahren. Wie er die Natur allmählich zu seiner Religion gemacht hat. Aufgewachsen ist er im Aargau, auf einem kleinen Bauernhof. «Mein Vater trug immer Sorge zu allem, pflegte den Hof und die Kühe gut.» Doch die paar Kühe und Hühner haben damals nicht ganz ausgereicht, um die Familie durchzubringen, der Vater musste zusätzlich arbeiten gehen. Hammers Bruder machte später die Landwirtschaftliche Schule, von ihm, dem Jüngsten, hiess es: «Der Erwin hat sowieso nicht gern Tiere.»

 

Hammer wurde Schlosser und Monteur, zog aber bald los und verbrachte zwei Jahre in Südafrika. Dort hat ihn die Apartheid tief getroffen, auf der Rückfahrt nordwärts querdurch den Kontinent hat es ihm die Natur angetan. «Wir haben Abende lang einfach nur gelauscht und kein Wort geredet», erinnert sich Hammer. Er erzählt von Dörfern im Sudan, von den Menschen dort und ihrem Leben. «Diese Einfachheit hat mich bis heute geprägt.» Nach seiner Rückkehr aus Afrika machte sich Hammer bald selbstständig – einzelne Aufträge als Handwerker nimmt er auch heute noch an, er lässt es aber ruhiger angehen. Zeit zum Ernten eben.

 

Ein kleiner Vogel als Prophet

 

Wer heute noch behauptete, Erwin Hammer möge keine Tiere, er würde ausgelacht. «Da,die Geisslein», zeigt er auf dem Rückweg vom Wäldchen. Ziegen grasen gerade auf der eingezäunten Weide. Er öffnet das Gatter und spaziert durch seinen Garten. Zucchetti und Gurken wuchern übers Hochbeet hinaus, das Gemüse gedeiht prächtig. Die Bernerhöhe ist Hammers Vorgarten.

 

Das Haus, das Hammer heute sein Eigen nennt, war lange das Objekt seiner Begierde. Nach der Trennung von seiner Ehefrau hauste er in einer winzigen Wohnung und fuhr jeden Tag an der Bernerhöhe vorbei. Schon da hatte es ihm die Perle angetan. Fünf Jahrelang hielt er es aus, dann kündigte er die Wohnung ins Blaue hinaus und schaute sich im Internet nach etwas Neuem um – prompt war das Haus zum Verkauf ausgeschrieben. Ergriff zu, obwohl er wusste, dass dort gebaut werden sollte. «Ursprünglich sollte die Deponie nur ganz unten entstehen», sagt er. Erst als er erfuhr, dass die ganze Wiese aufgeschüttet werden sollte, entschied er sich, dagegen vorzugehen.

 

Den Ausschlag, mit seinem Anliegen an die Öffentlichkeit zu gehen, gab ein Vogel. «Ein Rotkehlchen hat sich in meine Wohnung verflogen», erzählt Hammer. «Ich wollte es nehmen, da flog es mir direkt in die Hände.» Mit grossen Kulleraugen schaute der Vogel Hammer an, mit den Krallen scharrte er in seinen Handflächen. «Ich sehe das heute noch vor mir.» Er fragte sich damals: «Erwin, was will mir das sagen?» Die Antwort gab er sich selbst: «Hab Vertrauen.»

 

So ging er raus, kämpfte mit allen Mitteln für seine Bernerhöhe. Für die Natur, seine neue Religion. Inzwischen ist Hammer Quasi-Vegetarier. Ausnahmen mache er schon, aber: «Fleisch essen stimmt für mich einfach nicht mehr. Ich will Sorge zu den Tieren haben.» Und noch heute denkt er oft an seinen Propheten, das Rotkehlchen. «Immer, wenn ich Gefühlsschwankungen habe, denke ich daran zurück.»

 

Die Gemeinde lässt sich Zeit

 

Hammer führt um das Haus herum. Eine Steintreppe führt zur Terrasse, ein Gartenschlauch wird von der eigenen Quelle gespiesen. Heute spuckt er nur, Wasser ist grad knapp. Ein Betonrohbau soll mal als Kleintierstall dienen. Im Moment päppelt er darin zwei Igel auf. «Die kommen von der Auffangstation», sagt er. «Noch ein paar Tage, dann lasse ich sie laufen.» Nebenan hat er wilden Fenchel für die Schwalbenschwänze gepflanzt, ein Strauch zieht schwarmweise Wildbienen an.

 

Nur die Hausfassade trübt Hammers Naturidyll. Abgeblättert ist sie stellenweise, sogar nicht passend zum sonst so gepflegten Haus des Handwerkers. «Ich warte auf die Baubewilligung», sagt Hammer. «Die Gemeinde lässt sich natürlich jetzt Zeit.» Er sagt es ohne Ärger. Damit muss er nun wohl leben.

 

Für das Interesse und den Bericht möchte ich mich ganz herzlich bei Matthias Gräub, Adrian Baer und der Tierwelt bedanken.
Die Tierwelt lässt sich im übrigen auch abonnieren.
Tierwelt

 

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Prix Courage Nominierung

Prix Courage Prix Courage 2017: Der Gewinner des Sonderpreises, Pfarrer Sieber, und die acht Kandidatinnen und Kandidaten. Bild: Christian Schnur, Joseph Khakshouri

Einst galt Tapferkeit als einer der höchsten menschlichen Werte. Als Kardinaltugend, wie Aristoteles meinte. Heute nennen wir diese Tugend Zivilcourage, doch der Begriff wirkt wie aus der Zeit gefallen. Er begegnet einem kaum noch. Vielleicht auch deshalb nicht, weil sich damit kaum etwas kaufen oder verkaufen lässt. Selbst beim Beobachter verkauft sich die Ausgabe mit den Helden des Alltags weniger gut als fast jeder andere Titel, ob dieser nun einen Missstand anprangert oder konkrete Lebenshilfe verspricht.


Wir sind konditioniert darauf, alles, was geschieht, zunehmend nur noch danach zu bewerten, was es uns direkt an Nutzen bringen kann. Aber Zivilcourage, das Einstehen für ein höheres Ziel als den eigenen Vorteil, ist nichts, was man sich nur überzieht, wenn es gerade Mode ist. Zivilcourage ist eine Haltung, genauso wie der Einsatz dafür.


Aussergewöhnliche Menschen


Deshalb setzen wir auch heute, mit den Nominationen für den 20. Prix Courage des Beobachters, ein Zeichen dafür. Und wir tun das gleich doppelt: indem wir acht Menschen vorstellen, deren uneigennützigen Mut wir als vorbildlich erachten, und indem wir Ihnen einen aussergewöhnlichen Mann vorstellen, den wir mit einem Spezialpreis für sein Lebenswerk würdigen wollen.


Lesen Sie, was die acht Nominierten geleistet haben, um anderen zu helfen oder um wichtige Werte hochzuhalten, und geben Sie Ihre Stimme ab für die Tat, die Sie am meisten beeindruckt hat.


Alle sind sie Helden, doch einer steht für uns ein Leben lang. Es ist ein Mann, dessen Einsatz für andere uns derart lange bekannt ist, dass wir ihn für so selbstverständlich nehmen wie die Institution, die er verkörpert: Pfarrer Ernst Sieber. Dieser Mann lebt Zivilcourage seit vielen Jahren, Tag für Tag. Die Redaktion des Beobachters hat deshalb entschieden, dem Zürcher Sozialkämpfer eine spezielle Prix-Courage-Auszeichnung für sein Lebenswerk zu verleihen.


Couragiert ist auch seine Konsequenz


Denn es ist nicht eine einzelne starke Tat, die Pfarrer Ernst Sieber herausragen lässt, weil er den Mut und die Aufrichtigkeit hat, in einem entscheidenden Moment das Richtige zu tun. Couragiert ist vielmehr die Konsequenz, mit der er, stets unterstützt von seiner Frau Sonja, sein Leben, seine ganze Arbeit in den Dienst für andere stellte.


Pfarrer Ernst Sieber ist mit seinem Durchhaltewillen im Einsatz für die Schwächeren in unserer Gesellschaft ein Vorbild für Zivilcourage. Der Preis soll ihm am 17. November an einem festlichen Anlass in Zürich überreicht werden. An diesem Tag wird die Jury unter der Leitung von Ständerätin Pascale Bruderer auch bekannt geben, wen unsere Leserinnen und Leser sowie die Jurymitglieder mit dem Prix Courage 2017 würdigen wollen. Dafür ist auch Ihre Stimme gefragt. Herzlichen Dank im Voraus.



Erschienen im
Beobachter, 2017